[:de]Nach drei Monaten Südamerika, gefühlten 123 Stunden Bus fahren, 42 Dschungelwanderungen mit 48 Wasserfällen, 15 der stressigsten Städte der Welt, 96 Nächte in Hostels und Schlafsälen mit dem ein oder anderen Ungeziefer, Death Roads, Cholita Fights, Lagunen, Flugstreiks, Hundebissen, Höhenkrankheiten, …brauchen wir eindeutig eine Pause. Außerdem ist bald Weihnachten und die besinnlichste Zeit im Jahr wollen auch wir dementsprechend verbringen. Also haben wir uns die nächsten sieben Tage in einer netten Familien-Frühstückspension auf Tahiti eingebucht. Was man halt so macht als Backpacker 🙂
Noch geht alles wie gewohnt stressig von statten. Unser Flug von den Osterinsel geht erst mitten in der Nacht und das mit Verspätung, wir fliegen ca. sechs Stunden und landen um zwei Uhr nachts endlich auf einer der angeblich schönsten Inseln der Welt. Und kaum haben wir das Flugzeug verlassen, wissen wir, dass jetzt eine andere Zeit anbricht.
Mit Ukulele und traditionellem polynesischen Gesang…
…werden wir von einem barfüßigen Einheimischen Trio mit Baströckchen und Blumenketten empfangen. Schon in der Sekunde fühlen wir sich ausbreitende Entspannung in unserem Körper. Ooohm.
Etwas weiter in der Eingangshalle wartet dann auch noch ein netter Taxifahrer mit einem Schild, wo tatsächlich unsere Namen draufstehen. Den Service haben wir doch gar nicht gebucht? Wir können es nicht glauben, haben wir uns schon auf eine komplizierte Busfahrt mit fünf Mal umsteigen eingestellt. Kurz überlegen wir, ob es vielleicht rein zufällig noch ein anderes Pärchen mit den Namen Simone und Tobias gibt… aber die gibt es natürlich nicht! Jackpot! Nach einer halben Stunde Fahrt durch Tahiti bei Nacht, kommen wir in unserer Pension an, wo uns der Besitzer schlaftrunken, oben ohne und in Boxershorts empfängt. So geht das eben auf dieser Insel:
Nicht viel Tamtam, einfach locker bleiben!
Wir fallen müde ins Bett und werden pünktlich um vier Uhr von unserem angehenden „Lieblingshahn“ geweckt, der noch öfter zu sehr unchristlichen Zeiten einen Krähanfall bekommen wird. Aber wie die Hausordnung schon sagt: „Liebe Gäste, nein, man kann nichts gegen die Hähne machen. Sie gehören niemanden, laufen demnach frei herum. Und da dies der natürliche Kreislauf der Dinge ist und Hähne krähen, muss man das, ob man will oder nicht, akzeptieren.“ So sieht’s aus. An der polynesischen Naturverbundenheit wird weder der Amerikaner, noch der Europäer, noch sonst jemand etwas ändern.
Am nächsten Morgen erwartet uns ein ausgiebiges Frühstück! Und das Beste daran: die Pension wird von einer französischen Familie geführt, deshalb gibt es wie es das Klischee will, frische Baguettes!!! Dazu selbst gemachte Marmelade und dann natürlich die saftigsten Früchte, die man sich vorstellen kann.
Klar, wächst ja alles im Garten!
Die ersten zwei Tage haben wir ziemlich schlechtes Wetter und wir sind richtig froh. Warum? Endlich können wir – ohne schlechtes Gewissen – den ganzen Tag faul rumlungern. Herrlich!
Schnell wird klar, dass das eine sehr familiäre Pension ist, die mit viel Liebe und Leidenschaft geführt wird. Der Besitzer fährt uns zum Supermarkt (ziemlich teuer und von 12-15 Uhr geschlossen, weil der Eigentümer im Meer beim baden oder surfen anzutreffen ist), redet mit uns über Gott und die Welt, hat bombastische Laune und zeigt uns Videos von den größten Wellen der Welt (VIDEO). Die wird in Teahupoo, im Süden der Insel, jedes Jahr zur Weltmeisterschaft (Billabong Pro) gesurft und erreicht bis zu atemberaubende 20-30 Meter. Nur richtige Profis trauen sich auf die Welle, der Rest wird vom Wasser verschluckt und kommt nicht lebend raus.
Der Legende nach wurde das Surfen in Tahiti erfunden.
Wenn nicht hier, wo dann gibt es die wahnsinnigen Surfer, die diese immensen Wellen bezwingen können? Immer wieder gibt es auch Unfälle mit Touristen, die für die Meisterschaft mit Booten rausfahren, um die Surfer von der Seite aus zu beobachten. Reagiert der Kapitän zu langsam, kentert so ein Boot (speziell dafür angefertigte Powerboote) schon mal. Diese Wellen wollen wir unbedingt sehen! Selbst wenn sie um diese Jahreszeit viel kleiner sind.
Dann die Hiobsbotschaft für Leute unserer Generation: kein Internet auf Tahiti! Wie bitte? Selbst in der schmuddeligsten Kaschemme mitten im Dschungel Kolumbiens gab es Internet. Tahiti kommt so fortschrittlich daher – damit haben wir nicht gerechnet. Und dann steht auch noch Weihnachten vor der Tür! Aber am Ende der Welt kostet diese Infrastruktur eben ein Vermögen und irgendwie kann man es auch verstehen. Für ein kurzes Lebenszeichen an zu Hause dürfen wir kurz den Computer des Besitzers verwenden und auch für einen Skype-Anruf zu Heilig Abend können wir ihn überreden. Und wie es so ist, der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Nach dem ersten Tag mit Schweißausbrüchen und zittrigen Händen akzeptieren wir die Lage und widmen uns den analogen Dingen! 🙂
Am nächsten Tag haben wir Lust, die Insel zu entdecken. Es ergibt sich die Möglichkeit mit einem anderen Weltreise Pärchen ein Mietauto zu teilen. Also nutzen wir die Gelegenheit zu einer Inselumrundung. Eine Straße führt der Küste entlang einmal drum herum: Tahiti hat eine Fläche von 1042 km2 und ca. 187.000 Einwohner.
Hauptstadt und gleichzeitig auch größte Stadt der Insel ist Papeete.
Neben dem Tourismus ist die Perlenzucht der zweit wichtigste Wirtschaftssektor von Französisch-Polynesien und zugleich ihr Hauptexportartikel. Denn die Tahitiperle variiert in ihrer Farbe von anthrazit bis tiefschwarz, was sie besonders und weltberühmt macht. Die Küche besteht vorwiegend aus Fisch, besonders eingelegter Thunfisch mit Limone und Kokosmilch ist eine Spezialität und wird Poisson Cru genannt.
Wir schreiben heute den 23.12.2015. Morgen ist Weihnachten! Irre, wie die Zeit vergeht!! Mit Sonne und Strand denkt man nicht wirklich an Adventskränze, Weihnachtsbäume und Lichterketten, also überrascht es uns doch sehr, dass es plötzlich soweit ist. Um ehrlich zu sein, haben wir den Tag ein wenig gefürchtet. Das erste Weihnachtsfest ohne Familie, ohne Kekse backen und Kälteeinbruch. Wie wird das wohl werden? Und so richtig haben wir uns auch keine Gedanken gemacht, wie wir den Tag verbringen wollen… Also halten wir es wie bisher: we go with the flow.
Die Zeitverschiebung zu Europa beträgt 12 Stunden, wir verabreden uns mit unseren Familien zum Skypen am Vormittag. Dann sitzen wir gerade noch beim Frühstück und die Familie unterm Weihnachtsbaum für die Bescherung. Wenigstens haben wir uns in Chile noch Weihnachtsaccessoires gekauft, mit denen wir uns schmücken und bei 30 Grad im Schatten einen Hauch von Weihnachten versprühen. Die restlichen Pensions-Gäste sitzen 3 Meter weiter und beobachten das Spektakel amüsiert mit uns.
Auch, wie wir per Skype „Stille Nacht, heilige Nacht“ singen.
Was die Technik alles möglich macht: es fühlt sich kurzzeitig so an, als wäre man auch daheim. Unsere Accessoires kommen gut an und werden an die Besitzer weitergereicht, die ebenfalls mit der Familie in Frankreich zum Skypen verabredet sind. Danach gehen wir an den Hausstrand und bauen statt einem Schneemann einen Sandmann und können es nicht wirklich realisieren, wie weit weg wir sind 🙂
Abends kochen wir uns Scampi in Kokosnussmilchsauce – eine gute Alternative zum traditionellen Fondue wie wir finden. Joyeux Noël!! Frohe Weihnachten an alle!
Wir handhaben es wie die Polynesier, leben von Tag zu Tag und genießen das Inselleben. Im Garten der Pension wächst die Brotfrucht, die Simones Interesse weckt. Leider sind sie noch nicht reif, aber wir wollen sie unbedingt probieren. Als wir unseren netten Besitzer auf den Geschmack ansprechen, meint dieser: „Wait wait, I have some in the fridge“ Wenig später taucht er mit einer riesigen Schüssel voll frittierter Brotfrucht-Wedges auf. So viel Gastfreundschaft ist einfach überwältigend.
Als hätten wir tagelang nichts gegessen, fallen wir über die Köstlichkeit her und müssen sagen, es schmeckt wunderbar! So wie fast alles, was man frittiert 😉 Ähnlich wie eine Kartoffel, aber vielleicht noch eine Spur neutraler. Jedenfalls eine spannende Frucht, mit der man viel machen kann und die vor allem satt macht.
Für die Polynesier übrigens eines der wichtigsten Lebensmittel überhaupt!
Wir kriegen den Tipp, 5 km die Straße runter im Meridien Luxushotel eine polynesische Tanzshow erleben zu können. Das wollen wir auf keinen Fall verpassen, die Frage ist nur: wie kommen wir da hin ohne Auto? Abends so lange an der Straße entlang zu laufen erscheint uns nicht allzu verlockend, einen Bus gibt es theoretisch zwar, aber der hält sich an keine festen Zeiten und keiner weiß also, wann der fährt. Wieder mal rät uns unser Freund und Helfer der Pensionsbesitzer Georges: „Fahrt einfach per Anhalter! Das ist hier Gang und Gebe, irgendjemand nimmt euch bestimmt gleich mit.“
Und so geschieht es auch. Keine zwei Minuten strecken wir den Daumen raus, da hält auch schon ein nettes Pärchen, das uns direkt vor dem Hoteleingang absetzt. Die Tanzshow findet an diesem Abend leider nicht statt, aber wir genießen das Ambiente mit Pina Colada und Mojito und lernen einmal mehr über polynesische Lebensphilosophie. Chill, relax, Cocktails und Blick aufs Meer!
Wir entdecken das Fahren per Anhalter für uns und machen uns gar nicht mehr die Mühe einen anderen Weg zu finden (der Bus kam aber in den sieben Tagen wirklich kein einziges Mal vorbei) und machen viele nette Bekanntschaften. Hier eine kleine Zusammenfassung:
- Wir wollen zum Hafen, der 30 Minuten entfernt liegt, um auf die Nachbarinsel Moorea zu gelangen. Wir kennen die exakte Abfahrtszeit der Fähre nicht, wollen einfach mal auf gut Glück hinfahren. Eine nette Dame, Anfang 50 hält an und nimmt uns mit. Ihr Englisch ist gebrochen, aber sie versteht, um was wir sie bitten. Sie sieht auf die Uhr und klärt uns auf, dass die Fähre schon in 25 Minuten fährt. „Das wird knapp“, meint sie und steigt aufs Gas. Plötzlich interessiert sie sich für keine der Geschwindigkeitsbegrenzungen mehr und überholt alles, was ihr in den Weg kommt. Um eine Polizeikontrolle zu verhindern weisen wir sie darauf hin, dass es für uns keine Rolle spielt, ob wir die nächste Fähre nehmen und sie kann uns auch gerne schon früher aussteigen lassen, wenn es nicht auf ihrem Weg liegen sollte. Beschwichtigend legt sie die Hand auf Tobias Knie und sagt: „Don’t worry, I’ll bring you there“. In der Tat, sie fährt uns bis vor die Haustüre, deutet uns den Weg und schreit: „Hurry up!“ Wir kaufen ein Ticket, laufen auf die Fähre, die in der Sekunde hinter uns die Tore schließt!
- Einmal nimmt uns ein Franzose in seinen 30ern mit, der vor kurzem von Marseille nach Tahiti ausgewandert ist. Auch er fährt uns bis vor die Haustüre, obwohl es nicht auf seinem Weg liegt und geht vorher noch mit uns in den Supermarkt zum einkaufen: „Take your time, I’ll wait here“. Ein kostenfreies Taxiunternehmen auf Tahiti!
- Ein junges Mädchen, das gerade ihren Führerschein gemacht hat nimmt uns mit, sowie eine Oma im klapprigen Range Rover und ein pensionierter Surflehrer, dessen Haut von der Sonne schon sehr in Mitleidenschaft gezogen wurde.
Und alle haben sie eins gemeinsam, sie sind überaus nett und fahren uns genau dorthin, wo wir hinwollen.
Dabei lernen wir übrigens auch, dass der Montag als „little Sunday“ bezeichnet wird.
Kein Problem, wenn man Vormittags noch die guten Wellen zum Surfen mitnehmen will und dann einfach mal erst am frühen Nachmittag im Büro erscheint. Wer sich schon gefragt hat, wo die kitschigen Bilderbuch/Postkarten Tahiti Fotos bleiben, der darf sich jetzt freuen. Auf der Nachbarinsel Moreea (und bestimmt auf vielen anderen Inseln rund um Tahiti) kommt man voll auf seine Kosten und erlebt Französisch-Polynesien, wie man es sich vorstellt. Türkises Wasser, strahlend blauer Himmel, weißer, feinster Sandstrand, ein paar Bungalows im Wasser, ein Kanu schippert seelenruhig dahin, ein Schnorchel sieht aus dem glasklaren Wasser raus… aber seht selbst!
Die schönsten Strände sichern sich wie so oft die großen Hotels. Also halten wir uns an die und statten dem fünf Sterne Sofitel Luxushotel (gewann 2015 den World Luxury Award) einen Besuch ab. Ob wir an ihren Strand dürfen, fragen wir die Securities am Eingang. Mit einer Abfuhr rechnend, sagen sie: „Ja, klar – kein Problem! Nur eine Bitte: legt euch nicht auf die Liegen.“ Wow, das war einfach. Wir haben uns definitiv auf mehr Widerstand eingestellt: auf einen Security, der uns den Vogel zeigt, auf unsere Backpacker Klamotten hinabsieht und einen Lachanfall bekommt! Aber nein: „Klar, kommt rein!“ sagt er zu uns. Und nicht nur das, auch das Schnorchelequipment dürfen wir uns kostenlos ausleihen. Und am Strand angekommen, ist es wirklich wie im Paradies und wir wollen am liebsten nie wieder weg!
Aber leider geht alles einmal zu Ende, so wie unsere Traumwoche auf Tahiti! Hoffentlich haben wir eines Tages wieder die Gelegenheit, dieses Traumziel zu besuchen – dann mit Inselhopping auf die vielen anderen Inseln, die es noch zu entdecken gibt. Wir verabschieden Franz. Polynesien im offenen Flughafen aus Bambus, wo die Empfangshalle im Einklang mit der Natur ist, die Vögel fliegen und zwitschern, eine sanfte Brise weht. Paradiesisch![:en]
Ich bin begeistert von euren Berichten und Fotos und ich muß zugeben ein bisschen neidisch bin ich schon. Lg Monika
Danke, liebe Monika! Schön, wenn dir unsere Berichte gefallen 🙂 Bis ganz bald! Liebste Grüße
Toller Bericht! Merkt man im Dezember die Regenzeit und ist es schwierig, vor Ort Inselhopping zu machen? Danke und alles Liebe, Sari
Hallo Sari! Schön, dass dir unser Bericht gefallen hat 🙂 Ja, man merkt die Regenzeit. Die ersten zwei Tage hat es durchgehend geregnet. Was eher blöd ist, wenn man nicht viel Zeit hat. Uns kam es ganz gelegen, da wir von der bisherigen Reise ziemlich geschafft waren und wir so mal bisschen Schlaf nachholen konnten. Aber nach den zwei Tagen war es super schön und heiß. Wobei warm ist es die ganze Zeit über. Man muss aber mit einem Regenschauer pro Tag rechnen, der mal ein paar Minuten dauern kann, aber auch mal den ganzen Tag (das ist aber eher selten). Falls du die berühmten Riesenwellen in Tahiti sehen willst, dann ist allerdings Juli bis September die beste Zeit. Groß sind sie das ganze Jahr über, aber da anscheinend am größten. Was das Inselhopping betrifft: die benachbarten Inseln wie Moorea und Co. erreichst du ohne Probleme mit der Fähre, die mehrmals pro Tag fährt. Wenn du aber zu den weiter entfernten Inseln wie Bora Bora, etc. willst, dann musst du fliegen und das kann dann auch mal schnell teuer werden. Angeblich gibt es ein Ticket für franz. Polynesien mit mehreren inkludierten Flügen. Kommt also drauf an, was du suchst. Melde dich gerne, wenn du noch Fragen hast! Liebe Grüße!