[:de]Innerhalb einer halben Stunde werden wir von der bolivianischen Grenze mit einem Shuttle Bus zur chilenischen Grenze gebracht. Während der Fahrt ändert sich die Straßenbeschaffenheit von Schotter zu Asphalt. Und noch mehr Veränderungen: plötzlich gibt es wieder eine Straßenbeleuchtung, die zusammengeschusterten Hütten weichen den modernen und hochwertiger gebauten Häusern… Chile hat offensichtlich mehr Geld zur Verfügung als Bolivien. Generell läuft hier alles viel organisierter ab, der westliche Charakter ist zu spüren. Es fängt schon beim Grenzübergang in San Pedro de Atacama an. Hier wird nicht nur grob auf verbotene Gegenstände (vor allem Drogen!) kontrolliert, wie bei der Einreise nach Bolivien, sondern hier unterliegt das Ganze einem strengen Ablauf.
Schritt 1: Einreiseformular ausfüllen. Wo kommst du her, wie lange bleibst du, was hast du alles dabei, …
Schritt 2: Einreisestempel abholen. Fragen werden gestellt: wo kommst du her, wie lange und warum bleibst du…
Schritt 3: Gepäck auf den Boden legen. ALLE Sachen aus dem Bus räumen. Drogenhund kontrolliert alle Rucksäcke, sowie den Bus.
Witziges Detail am Rande: der chilenische Grenzbeamte und Hundebesitzer trägt Glatze und auffällig viele Muskeln. Er lacht nicht. Er ist sehr darum bemüht ein furchteinflößendes Erscheinungsbild abzugeben. Zur Abschreckung, versteht sich.
Seinen Hund interessiert das alles… nicht besonders.
Er hat keine Lust auf Rumschnüffeln – oder zumindest nicht die stinkenden Backpacker Rucksäcke – sondern interessiert sich viel mehr dafür, sein Revier weiter vorne an der Mauer zu markieren und den Urin der anderen Hunde zu erschnüffeln. Kaum einer kann sich das Schmunzeln verkneifen. Außer der strenge Hundebesitzer.
Schritt vier: da der Hund nichts gefunden hat, werden alle Rucksäcke nochmal durch den Scanner geschickt. Wir freuen uns schon, dass danach endlich die aufwendige Prozedur vorbei ist, da zeigt ein anderer Beamte ausgerechnet mit seinem Finger auf Tobi: „Rucksack öffnen!“. Wir fühlen uns einigermaßen in Sicherheit, wissen wir ja, dass wir nichts Verbotenes im Rucksack mittragen. Aber man kennt auch die Geschichten von Leuten, die jemanden kennen, der mal gelesen hat, dass ihm jemand Drogen untergejubelt hat. Tobi holt also jedes Teil aus seinem Rucksack raus und… tatsächlich: zum Vorschein kommt… ein Apfel!!! Oh mein Gott – was nun? Werden wir nun eingesperrt und sind zu einem Leben im chilenischen Gefängnis verdammt? 🙂
Nach chilenischem Gesetz dürfen nämlich keine Lebensmittel eingeführt werden. Aber bitte Ruhe bewahren, alles halb so schlimm. Der Apfel wird feierlich von dem Beamten vernichtet und Tobi muss das Einreiseformular erneut ausfüllen. Und darf von nun an nie wieder chilenischen Boden betreten 😉
Im Bus kriegen wir schon leicht hysterische Gespräche über mögliche Unterkünfte in San Pedro mit. Große Verärgerung unter den low budget Backpackern, weil hier im Gegensatz zu den vorherigen Ländern, die Preise plötzlich ziemlich saftig sind. Natürlich immer noch günstig für europäische Verhältnisse, aber deutlich teurer als in unsere letzten Destinationen. Angeblich soll auch schon alles ausgebucht sein. Da wir schon lange nichts mehr im Voraus buchen und mit unserem Motto „we go with the flow“ bisher in der Nebensaison auch keine Probleme hatten, hoffen wir einfach auf das Beste. Wir brauchen dringend ein Zimmer, wir sind nach dem Bolivienabenteuer HUNDEMÜDE. Beim zweiten Versuch klappt es. Das Doppelzimmer ist einfach aber sauber und wir können die Besitzer auch noch im Preis drücken. Wir = Tobi. Simone hat das Verhandeln noch immer nicht für sich entdeckt. Mit letzter Kraft schaffen wir es noch in die Stadt, essen eine Kleinigkeit und bestaunen das rege Treiben und das saubere und hübsch angelegte San Pedro. Wir sind definitiv zurück in der Zivilisation angekommen.
11 Stunden Tiefschlaf später kommen unsere Lebensgeister zurück und wir sind wie gewohnt voller Tatendrang. Wir informieren uns über die Region, vergleichen Preise und buchen dann schließlich ein paar unserer nächsten Aktivitäten. Der Terminplan ist bis zur Weiterreise gefüllt!
Am Nachmittag steht ein Trip zum beliebten Valle de la luna auf dem Programm. Crazy Pablo, unser Fahrer und Tourguide, macht seinem Spitznamen alle Ehre.
Er wirkt ein wenig, als hätte er doch einmal zu häufig in den Kokaplantagen Südamerikas rumgeschnüffelt.
Er redet ohne Punkt und Komma auf Spanisch und überfordert den ein oder anderen mit seinen Witzen. Vor lauter Übermut im Death Valley sehen wir schon vor unserem inneren Auge den ersten von der Klippe stürzen. Crazy Pablo ist bei seinen Fotoanweisungen nämlich eine Spur zu enthusiastisch!
Auf eine entspannte Tour eingestellt, merkt Simone schnell, dass sie dieses Mal die falsche Kleiderwahl getroffen hat. Und der Wind macht es auch nicht leichter…
Valle de la Luna, also das Tal des Mondes, verdankt den Namen seinem Aussehen. Die vegetationsarme Wüstenlandschaft, ca. 17km von San Pedro entfernt, erinnert an die Oberfläche des Mondes. Nicht, dass wir den schon mal von nahem gesehen hätten, aber man stellt es sich zumindest so vor. Laut Crazy Pablo schieben hier die Kontinentalplatten aufeinander, was wiederum die interessante Struktur ergibt.
Aber vor allem ist das Tal für ihre bemerkenswerten Sonnenuntergänge bekannt, den wir später noch zu sehen bekommen. Und bis es soweit ist, erkunden wir die Gegend, die sich alle 5 Minuten zu verändern scheint. Aber seht selbst:
Unser Ziel erreichen wir, als die Sonne untergeht. Hier wurde nicht zu viel versprochen!
Aber das soll noch nicht alles gewesen sein. Wir wollen das volle Programm und sind noch für zum Sternegucken verabredet. Wenn schon denn schon! Hier in der Gegend rund um San Pedro de Atacama ist man mit einem besonders schönen Sternenhimmel gesegnet.
Ein nettes Paar in ihren 50ern, ursprünglich aus Santiago, ist vor einigen Jahren nach San Pedro gezogen und begrüßt uns am Abend, zusammen mit ein paar anderen Besuchern. Ein besonders guter Ort für den leidenschaftlichen Berufsastronomen, da es hier so gut wie keine Lichtverschmutzung gibt und der Himmel 300 Tage im Jahr wolkenlos bleibt.
Seine Frau hatte lange nichts mit Sternen zu tun, teilt aber mittlerweile die Leidenschaft ihres Mannes…
…und führt mit ihm zusammen das kleine Unternehmen. Sie übernimmt die englische Übersetzung, da er nur Spanisch spricht. Die perfekte Arbeitsteilung. Die beiden machen das mit großer Überzeugung und mit viel Liebe. Schon zu Beginn werden wir mit einem Glas Rotwein aus der Region begrüßt, eine Mitarbeiterin steht am Grill und brät Hotdogs, wir bekommen alle Decken mit Planetenmotiven (und die sind wirklich notwendig, denn es wird hier nachts seeehr kalt). Zusätzlich gibt es noch Tee, Kaffee und überhaupt alles was das Herz begehrt. Wir sind jetzt schon begeistert!
Sobald alle versorgt sind, gibt es eine kleine Schulstunde und Gedächtnisauffrischung über unser Planetensystem, Galaxien, Sterne und was sonst noch unerreichbar für uns Menschen scheint (zumindest im Moment). Danach geht’s zum praktischen Teil über. Mit hochmodernen Geräten blicken wir in die klare Nacht, sehen die Sternzeichen Krebs, Stier (was ein Zufall – genau Tobis und Simones Sternzeichen) und Zwillinge (ein Zeichen?), die magellanischen Wolken: Zwerggalaxien aus mehreren Milliarden Himmelskörper, Venus Mars und Jupiter und noch ganz viele andere Dinge, die wir uns irgendwann nicht mehr merken können. Aber wunderschön sind sie alle.
In die Sterne zu sehen ist ein Blick in die Vergangenheit und wir werden zwangsläufig philosophisch…
Denn eins ist sicher, was auch immer einen beschäftigt, ärgert oder belastet: vom Mond aus betrachtet spielt das Ganze gar keine so große Rolle mehr! Es ist 2 Uhr nachts, wir haben den nächsten Termin morgens um 7. Wir sind todmüde, voller Eindrücke und brauchen dringend ein wenig Schlaf!!
P.S.: für diejenigen, die die Astronomie besonders interessiert, können wir die App Skyview empfehlen, mit der man ganz leicht die Sternenbilder veranschaulichen kann, sobald man sein Handy gen Himmel richtet.
PPS.: für zukünftige Atacama Besucher, hier die Facebook Seite des netten Astronomenpaares.
Um 6 Uhr klingelt unser Wecker, wir müssen unsere Rucksäcke für die Weiterreise packen.
Diese verstauen wir sicher im Hostel, machen uns fertig und stehen wie immer pünktlich um sieben Uhr zur Abholung bereit. Wie so oft, sind wir die einzigen die sich an Zeiten halten, kein Jeep weit und breit. Auch wenn das bedeutet, wir hätten länger schlafen können, wir nehmen es gelassen. Die Weltreise hinterlässt in Sachen Toleranz oder Gelassenheit schon ihre Spuren 🙂
Der sehr fähige, aber nie lächelnde Guide heißt wieder Pablo – ist aber das komplette Gegenteil zu Crazy Pablo. Er erzählt uns alles über die Vulkane, die beiden höchstgelegen Lagunen der Welt und von Vögeln, die sich von ihrem Nest ernähren.
Wir befinden uns auf ca. 4.000 Meter Höhe und bestaunen die Salzseen. Salar de Atacama heißen die Becken, in denen das Wasser verdunstet und sich an der Oberfläche als salzhaltige Schicht absetzt. Die ist an manchen Stellen schneeweiß. Manchmal ist sie aufgebrochen und türkisblaue Lagunen kommen zum Vorschein, in denen dann noch für den kitschigen Abschluss Flamingos stehen. In der sengenden Sonne suchen sie nach Essbarem.
Tobias will unbedingt einen Flamingo beim Fliegen fotografieren, weshalb er mit Steinwürfen ein Startmanöver provozieren will. Die Tiere sind aber nicht so dämlich und lassen den Wunsch unerfüllt. Simones Intervention bleibt ebenfalls unbeachtet.
Von den Hügeln herab blickt ein neues Astronomie-Zentrum, das gerade in Zusammenarbeit mit Chile, Brasilien, Japan, Kanada und anderen Ländern gebaut wird. Ein imposanter Bau, der nur aus der Ferne zu erahnen ist. Es handelt sich um ein internationales, spannendes Projekt, das sich die optimalen Voraussetzungen mit der geringen Lichtverschmutzung und der hohen Meereshöhe zu Nutze macht.
Der Fahrer heizt mit dem Bus über Schotterpisten, dass es nur so kracht. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis bei diesen Steinchen und der hohen Geschwindigkeit einer der Reifen platzt! Und ja, kurze Zeit später passiert es auch. Aber man kann so eine Wartezeit definitiv schlechter totschlagen, als hier im Paradies!
Plötzlich lässt Pablo den Wagen anhalten und erklärt, er werde uns ein kleines Wunder zeigen. Er werde den Motor ausmachen und der Bus – vollbesetzt mit 9 Leuten – wird bergauf rollen. Bevor er etwas erkläre, sollen wir es uns erst mal anschauen.
Er bremst ab, macht den Motor aus, und siehe da, wir rollen bergauf!
Was geht hier vor? Wir blicken vor, wir blicken zurück, es geht überall bergauf, wir sind in einer Kuhle, im Talkessel. Alle sind verblüfft, niemand kann es sich erklären. Pablo sagt, es handelt sich um ein enormes Mineralfeld gleich unterhalb der Erdoberfläche, das eine magnetische Wirkung habe. Allgemein glaubt er an eine magische Wirkung speziell in dieser Region, weil es sich um das Zentrum des magischen Wüsten-Dreiecks zwischen Chile, Bolivien und Argentinien handelt. Auch sei die Natur so mächtig und bereits die Inkas hätten einige Berge in dieser Gegend als „heilig“ bezeichnet, da müsse schon was dran sein. Sagt Pablo. Etwas skeptisch bleibt uns erst mal nicht viel übrig, als dieser Erklärung Glauben zu schenken. Bei einer Recherche im Internet wird schnell klar, dass es mehrere solcher Orte auf der Erde gibt und dass sich viele Wissenschaftler um dieses Thema „Autos rollen bergauf“ streiten. Manche glauben an die Gesetze der Physik, manche an ein übernatürliches Phänomen. Manche wollen mit GPS-Messungen und anderen Technologien beweisen, dass hier die Gesetze der Physik außer Kraft gesetzt werden. Andere wollen genau das Gegenteil belegen. Ein Physiker aus Padua, Italien, will mit einem Versuch heraus gefunden haben, dass es sich um eine optische Täuschung handelt. Wer mehr wissen will, kann hier nachlesen.
Wir sind nach diesem langen Tag etwas geschlaucht, vor allem wenn wir daran denken, dass uns jetzt noch eine 16stündige Busfahrt nach La Serena (liegt zwischen Atacama und Santiago) bevorsteht. Manchmal wundern wir uns, woher wir noch die Energie dafür nehmen. Aber da sitzen wir kurz darauf auch schon auf unseren Plätzen und dösen seelig vor uns hin.
Zwischen San Pedro de Atacama und Santiago de Chile gelegen, landen wir in La Serena. Ein süßes Wochenendstädtchen für viele Chilenen. Wir schlendern durch die Märkte und lassen uns treiben. Heute lassen wir es mal ruhig angehen. Kurz darauf, Tobi bestaunt gerade eine Tanzeinlage am Hauptplatz, wird Simone von einem der Standbesitzer in ein Gespräch verwickelt.
Er wittert seine Chance, ein paar Produkte an die Frau zu kriegen.
Und obwohl Simone beim Thema Shopping ein leichtes Opfer ist, bleibt sie skeptisch. Woher sie ist, will er wissen, was sie beruflich macht, usw. Er fängt an sie mit Accessoires zu schmücken und Fotos davon zu machen. Tobi begutachtet das Szenario noch skeptischer, weshalb der Marktschreier kurz darauf zu Simone meint: „Dein Freund ist wohl nicht sehr sympathisch, du solltest dir besser einen Chilenen zulegen!“ 🙂
Wohin das ganze Geplänkel wohl führt, wundert sich Simone, als er sie auch noch nach ihrer Lieblingsfarbe fragt. Da fischt er das passende blaue Armkettchen raus und befestigt es an ihrem Handgelenk. Simone lässt sich schon ihre Ausrede einfallen, aber falsch gedacht. Fröhlich säuselt er: „Jetzt bist du glücklich, richtig? Das ist mein Geschenk an dich!“ Und so ist es auch… kein Hintergedanke. Wie erfrischend!
Da wieder eine unserer geliebten (Achtung: IRONIE) Nachtbusfahrten auf uns wartet, beschließen wir es uns nochmal richtig gut gehen zu lassen. Und zwar mit Essen – traditionellem chilenischen Essen! Von dem Hostelmanager bekommen wir einen grandiosen Tipp, nur ein paar Blocks weiter. Ein äußerst herzlicher und bemühter Kellner zählt uns seelenruhig alle Spezialitäten auf und wir entscheiden uns für das typischste unter ihnen: Parillada.
Auf einem Tischgrill serviert kommen ca. 100 Kilo Fleisch auf einmal
Lamm, Rind, Blutwurst, Hühnchen und noch mehr hausgemachte Würstchen. Dazu eine Flasche Rotwein und ein bisschen Salat. Wundernswerterweise essen wir alles auf.
Und haben sogar noch Platz für eine typische Nachspeise: Mote con huesillo. Die Basis ist ein verdünnter Zuckersirup, in dem Weizenkörner und ein gekochter Pfirsich schwimmen. Etwas gewöhnungsbedürftig, weswegen wir sie dann doch nicht aufessen.
Sein netter Sohn ist ganz fasziniert von uns Ausländern und fängt mit Tobi ein Gespräch über Fußball an. Am Ende schenken wir ihm alle Euromünzen, die wir noch besitzen, damit er unser Zusammentreffen immer in Erinnerung behält 🙂
Früh morgens oder gefühlt noch mitten in der Nacht kommen wir in Chiles Hauptstadt Santiago, mit ca. 8 Millionen Einwohnern, am Busbahnhof an. Es ist wieder mal eiskalt und wir versuchen uns mittels auf und ab gehen warm zu halten. Zu lang müssen wir dieser eigenwilligen Beschäftigung aber nicht nachgehen, denn da kommt auch schon Nico (unser neuer chilenischer Freund, den wir in Costa Rica kennen gelernt haben) ums Eck. Die nächsten Tage dürfen wir bei ihm und seiner Familie verbringen. Ein tolles Gefühl, ihn viele Wochen später wiederzusehen und in gemeinsamen Reiseerlebnissen zu schwelgen! Nico ist nicht alleine gekommen, sein Dad ist auch dabei. Es hat ihn offensichtlich kein bisschen gestört am Sonntag um fünf Uhr morgens aufzustehen um wildfremde Leute vom Bus abzuholen. Das ist chilenische Gastfreundschaft!
Wir kriegen gleich eine kleine persönliche Stadtrundfahrt und 100 Infos rund um Chile und Santiago während wir zum Elternhaus fahren. Nicos Eltern sprechen ausschließlich Spanisch, also werden wir gezwungen unser komplettes Spanisch, das wir uns über die drei Monate angeeignet haben, auszupacken. Wenn es gar nicht mehr geht, übersetzt Nico. Das Haus steht in einer schönen Wohngegend und hat einen kleinen Garten. Die ganze Familie ist anwesend, wir werden äußerst herzlich von allen empfangen!
Beto, der blinde Haushund, läuft aufgeregt gegen die Mauer.
Nicos Schwester Francesca und seine Mutter haben einen Brunch gezaubert, der alles beinhaltet, was das Herz begehrt. Nach einer schnellen Dusche, genießen wir das Familienleben in vollen Zügen. Wir lernen uns alle immer besser kennen, Nicos Familie ist großartig, allen voran sein Dad, dieser entpuppt sich als lustiger Komödiant. Wir scherzen, lachen, schlemmen und werden in die chilenische Kultur eingeführt. Dies ist das Stichwort und Auftritt für den beliebten, sagenumwobenen, unangetasteten, PISCO SOUR! In Peru kennen und lieben gelernt, haben wir uns schon auf die chilenische Variante gefreut. Und Nicos Mutter entpuppt sich als die Pisco Sour-Königin! Später verrät sie uns auch ihr Geheimrezept (das wir natürlich unter keinen Umständen preisgeben werden). Zurück in Europa werden wir es definitiv ausprobieren! Generell schließen wir die Familie binnen Sekunden in unser Herz und wollen gar nicht mehr abreisen. Watch out what you are wishing for – it might become true 🙂
Nico steht seiner Mutter in nichts nach und ist ebenfalls der geborene Gastgeber! Mit viel Eifer und Motivation zeigt er uns die ganze Stadt. Follow the locals!
Hier ein paar unserer Highlights:
Mit dem Cable Car fahren wir hoch auf den Hügel San Cristóbal, der in Santiago allgegenwertig ist. Kein Wunder, ist es mit 722 Hektar die größte Grünfläche der Stadt und hat man von oben eine wunderschöne Aussicht. Ein paar sportliche Genossen joggen oder wandern regelmäßig hoch. Die 22 Meter hohe, schneeweiße Jungfrau Maria, die in den 30ern errichtet wurde, bildet den Mittelpunkt des Hausbergs und ist ein heiliger Platz. Viele Besucher kommen hier hin um ihren Gedanken nachzuhängen und die Ruhe zu genießen.
Eine ebenfalls grandiose Aussicht hat man vom Gran Torre Santiago, mit 300 Metern Höhe das höchste Gebäude der Stadt, an dem auch eine riesige Shoppingmall, das Costanera Center, angebaut ist.
2014, mit 3-jähriger Verspätung, wurde der Turm mit seinen 70 Stockwerken fertiggestellt. Die meisten davon sind Bürogebäude, außer Stock 61 und 62, die mit einer 360-Grad Panoramasicht als Aussichtspunkt genutzt werden und auch für die eine oder andere Veranstaltung.
Übrigens der höchste Aussichtspunkt Lateinamerikas.
Der Stararchitekt César Pelli, der unter anderem auch für die Petronas Tower in Kuala Lumpur verantwortlich ist, hat dieses Gebäude entworfen. Wir begeben uns auf die Spuren von Pablo Neruda, dem berühmten chilenischen Schriftsteller und landen schließlich fast ausgehungert im Markt Vegas, wo wir uns wieder mal durch die traditionellen Gerichte probieren. Wir sagen nur: Miesmuscheln mit Parmesan überbacken – traumhaft! Mit Nico als Local an unserer Seite, laufen wir keine Gefahr, in Touristenfallen zu tappen und finden die besten spots.
Santiago hat außerdem einen beeindruckenden Nationalfriedhof zu bieten, der definitiv einen Besuch wert ist. Die Gebäude, Mausoleen und Gräber, die hier für fast alle verstorbenen Präsidenten, bedeutende Künstler und andere Verstorbene errichtet wurden, sind wahnsinnig beeindruckend. Auf einer Fläche von 86 Hektar sind hier etwa 2 Millionen Menschen beerdigt.
Dies ist der perfekte Schauplatz für einen Horrorfilm.
Welchen Fehler man unter keinen Umständen machen darf: Chile verlassen ohne einer Weinverkostung beigewohnt zu haben. Wir pilgern auf das Anwesen von Concha y Toro, das größte Weingut Lateinamerikas und das drittgrößte der Welt. Eine Legende um einen ihrer ersten Weine besagt, dass im Keller unter dem Weingut den Arbeitern der Teufel erschienen ist. Diese Legende hält sich hartnäckig und auch wir waren bei der Führung allein in diesem Keller im Dunkeln, um den Teufel zu sehen. Anstelle des Teufels erleben wir eine 3minütige Video- und Audiovorführung, der diese Legende vom Rotwein Casillero del Diablo am Leben hält.
Wie so oft in Südamerika kommen wir auch hier wieder in den Genuss einer privaten Führung. Low Season sei Dank! Nachdem wir uns das Anwesen ansehen dürfen, die Lageräume begutachten und viel interessante Fakten lernen, geht es dann endlich an die Verkostung! Für jeden von uns steht schon ein Holzbrett mit verschiedenen Käsesorten, Parmaschinken und Brot bereit, sowie zwei Gläser Weiß- und zwei Gläser Rotwein. Lasset die Spiele beginnen!
Wir lernen, dass beim Weintrinken zwar jeder etwas schmeckt, die Schwierigkeit aber darin besteht, das Geschmeckte in Worte zu fassen und zu benennen. Wir lernen, dass der Wein durch das Kreisen des Glases seinen vollen Geschmack entwickelt, vor und nach einem Stück Käse Wein komplett anders schmeckt, die Farbe den Reifegrad verrät und, dass unser Sommelier schön langsam betrunken ist. Mehr und mehr kommt er in eine melancholische Stimmung, plaudert aus dem Nähkästchen, über seine Exfrau und über das harte Wein-Business.
Am Ende umarmen wir uns und sind die besten Freunde.
Was Wein so alles bewirken kann 🙂 Sobald wir nach einer Sightseeing Einheit wieder das Haus betreten, werden wir mit den besten chilenischen Speisen und Pisco, Pisco, Pisco Sour verköstigt! Der Himmel auf Erden und schön langsam legen wir auch ein paar Kilos zu 🙂 Simone notiert sich alle Rezepte, was ein Mix aus Spanisch, Englisch und Deutsch wird. Mittlerweile haben wir das Gefühl, dass wir keine Sprache mehr richtig beherrschen. Nach einem abermals fantastischen Abend mit viel Gelächter und noch mehr Essen – die Stimmung ist auf dem Höhepunkt, Nicos Dad ist einfach zum Brüllen, passiert es: Simone will Beto knuddeln und umarmt ihn eine Spur zu enthusiastisch.
Er erschreckt, dreht sich blitzschnell um und beißt Simone in den Unterarm.
Der Pisco Sour hat seine Spuren hinterlassen, Simone merkt erst gar nicht viel von dem Biss. Bis ihr Arm dann plötzlich voller Blut ist und ganz schön zu pochen anfängt. Während Nicos Mutter das Erste-Hilfe-Set holt, ist Nicos Dad erstmal daran interessiert, ob ich auch alle Impfungen hätte. Schließlich soll sich Beto nichts einfangen… die Scherzproduktion läuft weiter auf Hochtouren. Es sieht alles halb so wild aus, wir gehen schlafen.
Mitten in der Nacht, der Pisco verliert seine Wirkung, ist der Arm plötzlich ziemlich angeschwollen, heiß und pocht wie verrückt. Vielleicht doch mal besser zum Arzt, vor allem, weil die Wunde ziemlich tief ist und eigenartige Dinge rauskommen (Flüssigkeiten, Eiter , etc.) Wir beschließen also doch ins Krankenhaus zu fahren und leider, leider Valparaíso, was noch auf unserer Liste stand, zu skippen.
Dort angekommen sind die Rezeptionistinnen erschüttert, warum ich mit dieser offenen Wunde nicht sofort gekommen bin. Simone ist den Tränen nahe, sieht sie schon ihren Arm abfaulen. Als wir dann erklären, dass es der Haushund ist und ich sowie er alle Impfungen haben, entspannt sich ihre Mine.
Nico kommt als Übersetzer mit, während Tobi draußen warten muss. In solchen Situationen muss man eben Prioritäten setzen. Alles halb so schlimm, Simone wird ihren Arm behalten. Sollte Beto, der Hund, allerdings innerhalb von 10 Tagen sterben, sollen wir nochmal zur Kontrolle kommen. Kaum sind wir fertig, wird Nico wieder zurückgepfiffen. Es hat sich rumgesprochen, dass er als Übersetzer taugt und wird sogleich für die nächsten Patienten eingesetzt. Simones Schmerztabletten wirken und schön langsam kann sie auch den Arm wieder bewegen.
Zur Feier des Abends gibt es Marillenknödel für alle!
Ein bisschen österreichische Kultur muss sein. Und nach dem dritten Supermarkt finden wir auch den dazu nötigen Topfen bzw. Quark (für alle Piefke Freunde) 🙂
Und wie heißt es so schön, „Pass auf, was du dir wünscht, es könnte wahr werden“. In den Abendnachrichten wird für übermorgen (also genau dann, wenn unser Weiterflug auf die Osterinseln geplant ist) ein Streik im ganzen Land angekündigt. Der komplette Flugverkehr in Chile wird eingestellt und keiner weiß, wie lange dieser dauern wird. Schuld daran ist das Bodenpersonal, die wollen mehr Asche auf dem Konto sehen.
Noch sind wir positiv gestimmt: immerhin gibt es uns die Zeit Simones angeschlagenen Arm eine Pause zu gönnen und Valparaíso doch noch zu besuchen. Und wir sind bei unserer wahnsinnig freundlichen Gastfamilie bestens aufgehoben!
Zuerst geht es mit dem Bus nach Vinia del Mar, ein Vorort von Valparaíso und mondäner Urlaubsort der Chilenen. Selbst der Präsident hat hier seine Sommerresidenz. Die Blumenuhr gilt als Wahrzeichen der Stadt.
Valparaiso ist nicht umsonst Unesco Weltkulturerbe und wird als kulturelle Hauptstadt des Landes bezeichnet.
Diese pittoreske Stadt mit ihrer wundervollen Architektur und den bunten Farben hat so viel zu bieten und so viele Ecken zu erkunden. Das Städtchen strotzt nur so von Graffiti, viele Künstler werden sogar für ihre Werke bezahlt. Es erinnert teilweise an ein Mini-Berlin!
Jeden folgenden Abend zittern wir während der Nachrichten, ob unser Flug nun doch bald stattfindet oder nicht. Ein nervenaufreibendes Spiel, aber wir machen das Beste daraus – mithilfe unserer Gastfamilie!
Am nächsten Tag lädt uns Nicos Familie in das Wochenendhaus ihrer Freunde ein, welches sich zwei Stunden außerhalb von Santiago befindet. Wir sind überwältigt von dieser Gastfreundschaft und den Leckereien, die sie uns erneut kredenzen. Eine Monster-Paelle – die Menge würde auch für eine ganze Fußballmannschaft reichen – wird mit viel Liebe über Stunden zubereitet. Schmeckt hervorragend! In der nächsten Bäckerei entdecken wir dann sogar noch eine Linzertorte, die wir als Nachtisch besorgen und kriegen dann endgültig den Hosenknopf nicht mehr zu.
Sonntag Abend kommt dann die erlösende Nachricht: der Streik ist nach fünf Tagen beigelegt, es wird aller Voraussicht nach extra Flüge geben. Zu dritt hängen wir in den Leitungen, probieren einen Platz im Flugzeug zu ergattern. Wir kriegen aber immer dasselbe zu hören: keine Reservierungen vorab möglich, bitte direkt am Flughafen probieren. Wir rasen also früh morgens hin und sind um sieben Uhr tatsächlich eine der allerersten am Schalter. Nach langem Bangen haben wir es also doch noch geschafft. Osterinsel, wir kommen![:en]
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